Dienstag, 25. Januar 2005, 11:52 Uhr
Rede von Ulrich Schardt, Geschäftsführer des Wasserverbandes Nordhausen, zum ersten Spatenstich für das neue Wasserwerk in Nordhausen.
Verstehen kann man das Leben rückwärts, Leben muss man es aber vorwärts.
Mit diesem Spruch des dänischen Philosophen Søren Kierkegaard möchte ich Sie recht herzlich in unserem alten Wasserwerk in der Puschkinstraße begrüßen.
Dieses Wasserwerk hat inzwischen mehr als sieben Jahrzehnte reibungslos seinen Dienst für die Versorgung der Nordhäuser Bevölkerung getan.
Wenn Sie sich umschauen werden Sie feststellen, es ist ein wunderschönes altes Wasserwerk. Nichts desto trotz entspricht es heute nicht mehr den allgemeinen anerkannten Regeln der Technik.
Runde Filterbecken, Rechenwerke, die mechanisch den Filterkies auflockern, eine einfache Wasserrückspülung sind zu Beginn des 21. Jahrhundert nicht mehr ausreichend, um den hohen Anforderungen an die Trinkwasserverordnung, die eine der strengsten Lebensmittelverordnungen der Welt ist, gerecht zu werden.
Immerhin schreibt eben diese Trinkwasserverordnung mehr als 120 Parameter vor, die durch eine moderne Wasseraufbereitung einzuhalten bzw. einzustellen sind. Ende der Neunziger Jahre wurde deshalb vom Wasserverband die Entscheidung gefällt, das alte Wasserwerk durch ein Neues, Modernes zu ersetzen.
Die ursprüngliche Variante Grund - und Talsperrenwasser an verschiedenen Standorten getrennt aufzubereiten und dann zu mischen, wurde nach reiflicher Überlegung verworfen. Die Entscheidung, beide zur Verfügung stehenden Wässer am alten und neuen Standort Puschkinstraße aufzubereiten war die logische Folge und verlangte für die Technologie der Wasseraufbereitung natürlich eine sehr komplexe und anspruchsvolle Lösung.
In unserer Region Nordhausen gab es jedoch zum damaligen Zeitpunkt niemanden, der schon einmal ein derartiges Wasserwerk geplant hat.
Es war eine mutige Entscheidung, zwei ortsansässige Büro`s zu beauftragen, welche zwar bis dato beachtliche Erfahrungen mit Trinkwasserschutz, Wassererschließung und Wassergewinnung gesammelt haben, aber Wasseraufbereitung bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht in ihrem Leistungsspektrum zu finden war.
Der Auftrag zur Planung der Lose Bau und technologische Ausrüstung wurde den in Nordhausen ansässigen Ingenieurgesellschaften Hydrogeologie und IHU, die sich als ARGE Wasserwerk zusammenschlossen, erteilt.
Damit betraten beide Ingenieurgesellschaften unbekanntes Terrain, aber wer nie etwas Neues macht, wird dafür auch nie Referenzen vorweisen können.
Natürlich war die Zusammenarbeit mit der ARGE Wasserwerk über all die Jahre nicht stromlinienförmig, nicht ohne Probleme und Auseinandersetzungen.
Nichts desto trotz wurde eine ausschreibungsreife Planung fertiggestellt, die sowohl von dem Staatlichen Umweltamt Sondershausen, als auch vom DVGW in Dresden sorgfältig geprüft und akzeptiert wurde.
Die Planung der Elektro-, Mess-, Steuer- und Regeltechnik wurde dem Ingenieurbüro Cyriaci aus Erfurt übertragen. In diesem Bereich ist eine langjährige Erfahrung im Wasserwerksbau unabdingbar.
Gleichermaßen haben alle drei Ingenieurbüros verfügbare Technologien des 21. Jahrhunderts als Maßstab für ihre Arbeit genommen, denn nicht eine Verbesserung der über Jahrzehnte bewährten offenen oder geschlossenen Sandfilter, sondern eine für Thüringen neue Filtertechnik war das Ergebnis der Arbeit.
Das Herzstück der Ultrafiltration ist in der Lage, den sehr hohen Anforderungen an die Trinkwasseraufbereitung in jedem Fall zu genügen, auch wenn sie noch eine relativ neue und bisher ungebräuchliche Technologie ist.
Insgesamt wird das Wasserwerk ca. 6 Mio. Euro kosten.
Zusätzlich wird noch eine Turbine installiert, die den Druck des Talsperrenwassers nutzt und den erzeugten Strom in die Aufbereitung einspeist.
Die europaweite Ausschreibung des gesamten Projektes erfolgte im Herbst 2004, Baubeginn ist in wenigen Tagen.
Um so glücklicher sind wir, beim Bau des Wasserwerkes quasi ein Heimspiel zu haben.
Ein Heimspiel, weil sich beim Fachlos Bau ein Unternehmen aus Nordhausen als wirtschaftlichster Bieter erwies.
Für das Fachlos 2 – der technologischen Ausrüstung - hat ein Unternehmen aus Blankenburg am Harz den Zuschlag erhalten. Bei Fachlos 3 – E-MSR-Technik – konnte sich ein Arnstädter Unternehmen durchsetzen.
Die Firmen WARESA Bau GmbH aus Nordhausen, HERMOS GmbH als Thüringer Firma und Umwelttechnik & Wasserbau GmbH aus dem Nachbarland Sachsen Anhalt zeigen, dass auch unsere heimischen Unternehmen allemal in der Lage sind, sich dem europaweiten Wettbewerb erfolgreich zu stellen.
Wenn in Nordhausen nach zweijähriger Bauzeit ein modernes Wasserwerk in Betrieb geht, sind seit dem Baubeginn des alten Wasserwerkes, in welchem wir uns gerade befinden, mehr als 70 Jahre vergangen.
Natürlich werden wir dieses Kleinod bewahren, denn das was Sie hier an technischer Ausrüstung sehen, hat die Jahrzehnte unbeschadet überstanden.
75 Jahre Wasserwerk, 100 Jahre Wasserversorgung aus der Nordhäuser Talsperre und mehr als 125 Jahre Nutzung des ältesten Hochbehälter hier am Standort Puschkinstraße sind Zahlen, die beweisen, dass unsere Vorgänger Teufelskerle waren.
Sie haben nicht nur für ihre Kinder, sie haben auch für ihre Enkel und Urenkel gebaut.
Ihre Arbeit ist das, was man mit dem Begriff der Nachhaltigkeit bezeichnet.
Denn das was wir heute zum Teil noch nutzen können, das ist Technik, die unsere Vorgänger sorgfältig auf den Weg gebracht haben, und immer noch, bis zum heutigen Tag, zuverlässig ihren Dienst tut.
Ihren Dienst getan haben aber auch in den vergangenen Jahren die entsprechenden Fachämter und Behörden, die uns für Bau und Betrieb die entsprechenden Genehmigungen erteilt haben.
Ich möchte an dieser Stelle stellvertretend für viele das Bauordnungsamt der Stadt Nordhausen, das Gesundheitsamt und die Untere Wasserbehörde des Landkreises nennen, ich möchte aber auch das Staatliche Umweltamt in Sondershausen erwähnen, das konstruktiv und kritisch unsere Planung fachtechnisch begleitet hat.
Last not least ist das Thüringer Umweltministerium, welches unser Vorhaben immerhin mit ca. 3,8 Millionen Euro finanziell unterstützt, zu nennen.
Der erste Spatenstich für ein neues Wasserwerk ist natürlich auch deswegen möglich geworden, weil unser Verbandsvorstand unsere Arbeit über weite Strecken sachlich begleitet und bis auf geringe Ausnahmen unsere fachliche Arbeit akzeptiert und durch entsprechende Beschlüsse untersetzt hat.
Deswegen nochmals recht herzlichen Dank an alle Bürgermeister, die als Verbandsräte Verantwortung tragen, an den Verbandsvorstand und an unseren Verbandsvorsitzenden.
Besonderer Dank aber gilt unseren Mitarbeitern, die engagiert dieses Projekt voran gebracht haben und auch in kritischen Situationen nie den Mut verloren haben, denn man hat nur einmal im Leben die Möglichkeit, beim Bau eines Wasserwerkes dabei zu sein.
Für unseren Neubau wünsche ich uns eine glückliche Hand und denke, dass wir uns spätestens in zwei Jahren zur Einweihung des neuen Wasserwerkes in der Puschkinstraße wiedersehen.
Ihnen persönlich, aber vor allem unseren 50.000 angeschlossenen Bürgern, für die wir in erster Linie dieses neue, moderne und zukunftweisende Wasserwerk mit einer Tagesleistung von 10.000 m3 bauen, wünsche ich für die Zukunft alles Gute und Gesundheit.
Passend zu unserem Neubau möchte ich Sie mit dem Wahlspruch der Deutschen Wasserwerke Ich trinke Wasser, das ist doch klar! einladen, gemeinsam auf unseren Wasserwerksneubau anzustoßen.